Medizin oder Tourismus?

Wir »modernen« Menschen in den Industriestaaten sind mittlerweile sehr rational geprägt – es scheint, dass Technologie alles möglich macht und dass es auf jede Frage eine verfügbare Antwort gibt. Durch das Rationale in uns haben wir fast verlernt, immer mehr Fragen auch über uns selbst zu stellen und eigene Antworten zu erhalten. Einen ganzen Themenkomplex der vergessenen Fragen finden wir im Wald, an der See oder in den Bergen.

Wir erkennen, dass wir uns dort gut fühlen – mit einem freien Blick über eine Landschaft oder unter einem schattigen Baum. Die Frage nach dem Warum bleibt aber aus, wir sind mit unseren Gefühlswahrnehmungen durchaus zufrieden. Und so erkennen wir die positiven Wirkung der Natur durchaus an, bezweifeln aber einen rationalen medizinischen Nutzen für Körper und Psyche. Die Natur fällt für viele von uns gedanklich in den Tourismusbereich und wird damit völlig unterschätzt. Eigentlich nicht rational.

Wissenschaftler befassen sich mittlerweile mit diesen Zusammenhängen, während für die gefühlte Mehrheit unter uns (halbwegs) Gesunden dieses Thema eine absolut untergeordnete Rolle spielt. Ein klassischer Kommunikationsausfall, den wir (ausgerechnet) als Touristiker jetzt und in Zukunft geraderücken möchten. Dabei liegen für unser Thema »Wald« erste Studien und Messergebnisse vor. Auch für den Heringsdorfer Heilwald existiert mittlerweile eine Pilotstudie mit COPD-Patienten.

Das Wissen um die Effekte des Waldes auf die menschliche Gesundheit ist nicht neu: Im Siemensheim im Seebad Heringsdorf wurde bereits um 1900 die Therapie gegen Tuberkulose praktiziert. Es befand sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Kur- und Heilwaldes und ist nicht das einzige Beispiel für solch eine Einrichtung, die gezielt See- und Waldluft für die Gesundung der Menschen zu nutzen wusste.